Virtuelle Fachbibliotheken, Fachportale und Bibliotheksportale


Moderation: Michael Hohlfeld, TIB Hannover, Geschäftsstelle vascoda e.V.

 

Diese Session war inhaltlich zum Teil eine Fortführung der von Jens Wonke-Stehle initiierten Session zu Nutzerstudien, wo es in der Diskussion u.a. auch um den Nutzen von Fachportalen ging. In Anbetracht der aktuellen Entwicklungen in vascoda war mir das Thema aber natürlich auch so ein Anliegen, welches ich beim BiCamp einbringen wollte. Im vascoda-Blog habe ich gerade eine Beitragsreihe begonnen, in der es darum geht, wie die Nutzung von ViFas und Fachportalen erhöht werden kann. Vom BibCamp und dieser Sesssion versprach ich mir neue und weiterführende Ideen und Einsichten und wurde natürlich nicht enttäuscht.

Fragestellungen dieser Session, die ich zu Beginn der Session formuliert habe, waren: Was sollen Bibliotheksportal, ViFas und Fachportale leisten? Welche Kernmodule, Funktionalitäten, Aufgaben sind zwingend, welche sind überholt? Ist vielleicht das Konzept ViFa bzw. der verteilten nationalen Forschungsbibliothek im Rahmen der Sondersammelgebietsförderung der DFG ingesamt überholt? Wenn nicht, wie können die NutzerInnen angesprochen weden, wie kann die Nutzung der Angebote erhöht werden?

Ich habe - unterstützt von den Anwesenden ViFa-Verantwortlichen - versucht, die Spannungsfelder, in dem sich die Vifas und Fachportale u.a. bewegen, kurz aufzuzeigen. Diese sind z.B.: eigenständiges Angebot versus breite Nutzung der Inhalte, konkreter Sammelauftrag versus Weiterentwicklung der Angebote in Richtung Virtuelle Forschungsumgebung (VRE), Projektfinanzierung versus Verstetigung und nachhaltiger Betrieb. Als These (oder auch Feststellung) habe ich in den Raum gestellt, dass viele (aber nicht alle) ViFas/Fachportale mittlerweile veraltet sind, da sie nach Auslaufen der Projektförderung kaum noch technisch und inhaltlich weiterentwickelt wurden und ihre Nutzung teils so gering ist, dass sich ein Weiterberieb eigentlich nicht lohnt, man auf diese Angebote also verzichten könnte.

Die genannten Spannungsfelder zeigten sich auch in den einzelnen Wortbeiträgen und Diskussionen.

Ein Aspekt, der gleich zu Beginn genannt wurde, war, dass Nutzer ungnädig sind, wenn die Usability nicht in Ordnung ist. Im Klartext heißt dies, dass sich nicht immer gleich erschließt, wofür das Gesamtangebot oder einzelne Module und Funktionen gut sind, die Angebote nicht erwartungskonform sind und die NutzerInnen im Zweifel entnervt sind, aufgeben und nicht wiederkommen. Hinzu kommt, dass bestimmte (auch nützliche) Elemente einer ViFa bzw. die ViFa insgesamt in der angesprochenen Fachcommunity oft gar nicht bekannt sind. Dies ist (auch) eine Frage des Marketings.

Auf die Frage, was sind die Nischen der ViFas/Fachportale, die einen Nutzen haben und die Nutzung generieren, gab es verschiedene Antworten, die aber fast alle in eine Richtung gingen: Konzentration auf das Wesentliche, auf wenige Kernelemente. Ein schlankes, vielleicht auch minimalistisches Portal mit Funktionen dort, wo die NutzerInnen sie erwarten. Inhaltlich eine Konzentration auf die Informationen, die man tatsächlich liefern kann (SSG-Bestand, OLC-SSG-Ausschnitte, OA-Repositorien). In Sachen Fachinformationsführer (Internetquellen-Sammlungen) schieden sich die Geister vielleicht ein wenig, die Grundidee der "Katalogisierung des Internets" wird aber zum Teil als absurd angesehen.

In Fortführung der Diskussion in der Nutzerstudien-Session gingen einige TeilinehmerInnen auch soweit, die Portale selbst in Frage zu stellen. Die NutzerInnen interessiert nicht, wo die für sie relevanten Informationsquellen/Ressourcen sind, die Daten müssen im Netz und von überall komfortabel gefunden werden können / erreichbar sein. D.h. ViFas/Fachportale sollten sich mehr auf die Daten konzentrieren und diese so anbieten, dass sie z.B. auch aus Google oder anderen (genutzten) Suchsystemen heraus gefunden werden. Wobei dieser Aspekt m.E. nicht nur in Richtung OpenData abzielte, sondern auch meint, dass z.B. die Suchsysteme und Repositorien es technisch ermöglichen müssen, dass andere Suchmaschinen die Daten dort in geeigneter Weise auch finden und somit indexieren können. Also nicht nur die NutzerInnen, sondern such andere Applikationen im Sinn haben!

Aber nicht nur die Daten müssen ins Netz, sondern auch die in den ViFas/Fachportalen vorhanden Dienste, z.B. in Form von Widgets und vom Rechercheportal unabhängig nutzbaren Modulen. Als Beispiele werden die ViFaPol genannt, die aktuell mit der inhaltlichen Erweiterung um Kommunal- und Verwaltungswissenschaften auch eine stärkere Modularisierung anstrebt, sowie auch cibera mit den durch die Fachcommunity stark angenommenen Angeboten eines Weblogs und eines Forscher-Wikis.
Mit der Fachcommunity auf diese oder eine andere Weise in Kontakt zu kommen, auf diese Art eine Community aufzubauen, wird als Chance für die ViFas/Fachportale dargestellt. Insbesondere für Web 2.0-Dienste muss sowohl gegenüber den NutzerInnen als auch gegenüber den KollegInnen im eigenen Haus oft noch argumentiert und Überzeugungsarbeit geleistet werden.
Im Raum steht auch die Möglichkeit bzw. der Anspruch, die ViFas/Fachportale in Richtung einer virtuellen Forschungsumgebung auszubauen, oder jedenfalls solche Funktionalitäten bereits funktionierender und genutzter Dienste über Schnittstellen in die Portale holen.

Im Kontext "Widgets und Modularisierung" wurde auch ganz kurz das Thema Apps für Smartphones, iPad und co. angesprochen. Hier wurde festgestellt, dass die Erstellung von plattformunabhängigen mobilen Webseiten mit ggf. eingeschränkten Funktionen im Zweifel der besser als eine App ist.

Weitere Berichte zur Session finden sich hier: